Die “Staatliche Oberschule für Jungen” 1938-1945

Der Anschluss Osterreichs an das Deutsche Reich und die damit verbundene Aufteilung des Burgenlandes auf die benachbarten Reichsgaue Niederdonau und Steiermark rüttelten am Weiterbestehen der Untermittelschule in Mattersburg, da eine Verlegung dieser Schule in das mittlere Burgenland (Oberpullendorf) , wo sie dringender benötigt wurde, in Diskussion stand. Dieser Plan konnte aber wegen Fehlens eines geeigneten Schulgebäudes nicht verwirklicht werden.

Nach Einbeziehung des nördlichen und mittleren Burgenlandes in den Reichsgau Niederdonau wurde die Mattersburger Untermittelschule nach vielen mündlichen und schriftlichen Interventionen des Direktors Dr. Hans Graf von jenem als Schulerhalter übernommen und im Herbst 1939 zur „Staatlichen Oberschule für Jungen” erklärt, die aber auch von Mädchen besucht werden durfte.

Der Schule wurde auch ein “Staatliches Schülerheim” angeschlossen, mit dessen Leitung STR Dr. Josef Müllner betraut wurde.

Die Errichtung dieser beiden Institutionen bedeutete den Übergang von der Untermittelschule zur Vollanstalt. Schon während des Krieges führte die Anstalt eine Oberstufe mit einer fünften, sechsten und siebenten Klasse.

Der Lehrplan

Nach der Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich war es selbstverständlich, dass das gesamte Unterrichts- und Erziehungswesen entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie ausgerichtet werden musste.

Wer sich heute ein Schulzeugnis aus der nationalsozialistischen ansieht, kann aus der Reihenfolge der Unterrichtsgegenstände genau erkennen, nach welchen Gesichtspunkten das Unterrichts- und Erziehungswesen zu erfolgen hatte.

An erster Stelle stand im Lehrplan die Leibeserziehung mit fünf Wochenstunden, welche die körperliche Ertüchtigung der Jugend zur Stärkung der deutschen Wehrkraft zum Ziele hatte. Dementsprechend rangierte dieser Unterrichtsgegenstand auch im Zeugnis an erster Stelle. An zweiter Stelle folgten im Lehrplan und im Zeugnis die Unterrichtsfächer Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Kunsterziehung und Musik, die den Schülern die deutsche Geschichte und Kultur aufzeigen sollten. An die dritte Stelle reihten sich die naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Chemie, Physik und Mathematik. Den letzten Platz nahmen im Lehrplan die Sprachfächer ein.

Für die Mädchen gab es den Unterricht aus Kochen, Haus- und Gartenarbeit, Handarbeit, Gesundheitslehre und den Dienst in Säuglingsheimen, in Kindergärten und in der Familie.

Zu den Freifächern gehörte der „Konfessionsunterricht”. Außerdem erhielt das Zeugnis noch einen verbalen Vermerk über: „Allgemeine Beurteilung des körperlichen, charakterlichen und geistigen Strebens und Gesamterfolges”.

Die Schule auf der Wanderschaft

Am Beginn des Schuljahres 1938/39 übersiedelte die Schule in das von der nationalsozialistischen Schulbehörde beschlagnahmte Gebäude der im gleichen Jahr verbotenen Katholischen Lehrerbildungsanstalt. Hier waren genügend Räume für eine 8-klassige Mittelschule und für ein Schülerheim vorhanden. Erst jetzt konnte infolge des Vorhandenseins eines geeigneten Schulgebäudes an den Ausbau des Unterrealgymnasiums zu einer Vollanstalt geschritten werden.

 

 

Doch nicht lange durfte sich die Anstalt des neuen Schulgebäudes erfreuen. Das Schulgebäudeproblem begann von neuem, denn schon im Jahre 1942 wurde das Gebäude von der deutschen Wehrmacht als Reservelazarett in Anspruch genommen. Die Oberschule musste in Räume der Volksschule (sh. Bild 1) umquartiert werden, wo sich auch die Hauptschule befand. Aber auch hier konnte die Oberschule nicht lange bleiben, da auch das Volksschulgebäude im Jahre 1944 als Kriegslazarett in Verwendung genommen wurde.

Die Schule stand jetzt wieder ohne Unterkunft da, bis sie endlich im Gasthof Steiger (Bild 2) ein neues Notquartier beziehen konnte.

 

Die Einstellung des Schulbetriebes

Durch die Einberufung der Lehrer zum Kriegsdienst trat an der Schule ein akuter Lehrermangel ein und durch die wiederholte Umquartierung der Schule während des Krieges wurde der Unterricht sehr stark in Mitleidenschaft gezogen, sodass gegen Ende des Krieges nur mehr ein Notunterricht aufrechterhalten werden konnte.

Als sich die russische Armee immer näher an die Ostgrenze unseres Burgenlandes vorschob, wurden sogar Schüler der 6. und 7. Klassen zum Wehrdienst eingezogen. Das hatte die Auflösung dieser beiden Klassen zur Folge. Durch die einsetzenden Kriegshandlungen im burgenländischen Raum musste der Schulbetrieb im Frühjahr 1945 zur Gänze eingestellt werden.